Günter Grass: »Die Plebejer proben den Aufstand«
Uraufführung am 15. Januar 1966 im Schiller-Theater Berlin
Es geschah an einem bitterkalten Tag...
Nürnberg. Freitag, 14. Januar 1966. 14.00 Uhr. Die Minuten verstrichen. Immer noch kamen Berufskollegen zur Tür herein. In der Nacht waren die Temperaturen auf minus 15 Grad gesunken. Es war glatt auf den fränkischen Straßen. Schließlich hatten sich 106 Steuerbevollmächtigte aus dem Kammerbezirk durch das eisige Winterwetter gewagt. Hier am Kornmarkt, im Großen Saal des Christlichen Vereins Junger Männer (CVJM), hatten sie sich getroffen, um einen Vorschlag ihres Präsidenten Heinz Sebiger zu diskutieren: »die Gründung eines zentralen Rechenzentrums auf genossenschaftlicher Basis«.
Es war kurz nach 14.00 Uhr, als Sebiger den Vizepräsidenten Dr. Gerhard Nopitsch antippte. »Es fehlen zwar noch rund 30 Kollegen, aber wir fangen jetzt an.« Nopitsch nickte.
Ein Markt von einer Million Buchungszeilen
Sebiger ging zum Podium. Winter und Wetter waren vergessen. Jetzt ging es darum, die Zukunft zu buchen. »Dies ist eine Interessentenbesprechung«, erklärte der Nürnberger. »Die Umfrage unserer Kammer, die wir im Rationalisierungsausschuss erarbeitet und am 25. November vergangenen Jahres an die 1.600 Mitglieder verschickt haben, war ein großer Erfolg. 404 Kollegen haben die zum Teil sehr schwierigen Fragen beantwortet. Das Ergebnis ist eindeutig. Die Mandanten kommen im verstärkten Maße auf unseren Berufsstand zu mit dem Wunsch, dass wir für sie die Buchführung übernehmen. Liebe Kollegen, wir können uns diesem Ansinnen wohl kaum entziehen, obwohl es große organisatorische und technische Anforderungen an jeden von uns stellt. Die Auswertung der Umfrage ergab, dass allein bei den Kollegen, die den Fragebogen ausgefüllt zurücksandten, ein monatlicher Bedarf von mehr als einer Million Buchungszeilen pro Monat besteht. Im Rationalisierungsausschuss, den wir im vergangenen Jahr auf Kammerebene gegründet haben, sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass dahinter eine Aufgabe steht, die wir gemeinschaftlich lösen müssen. Wir haben Ihnen deshalb mit der Umfrage die Idee vorgestellt, ein Rechenzentrum auf genossenschaftlicher Basis zu gründen. Die nun vorliegenden Ergebnisse bestätigen die Richtigkeit dieser Idee. Immerhin stehen 130 Kollegen der Gründung eines Rechenzentrums grundsätzlich positiv gegenüber.«
»Was sollen wir mit 68.000 Mark?«
Dann stellte Sebiger seinen Fachmann vor: Joachim Mattheus, ebenfalls Steuerbevollmächtigter in Nürnberg und Computer-Experte. Detailliert erläutert Mattheus das organisatorische und technische Konzept, das hinter der Idee steht. Die Teilnehmer sind beeindruckt. Zwar gibt es noch viele offene Fragen, die auch heftig diskutiert werden, doch als es nach zwei Stunden zum Schwur kommt, zeichnen spontan »68 Kollegen eine verbindliche Zusage über den Beitritt zur Genossenschaft«, vermerkt das Protokoll.
Die Akzeptanz war höher als erwartet. Zwar wusste keiner so recht, was da auf ihn zukam. Aber auf jeden Fall wirkte das Konzept zukunftsträchtiger als die Lösungen, die sie bislang auf eigene Faust in ihren Kanzleien erprobt hatten. Dieser Vorschlag war den Einsatz wert. Und dies erst recht, nachdem Mattheus vorgeschlagen hatte, den ursprünglich auf 1.000 Mark fixierten Genossenschaftsanteil je Mitglied zu halbieren. »Was sollten wir mit 68.000 Mark Startkapital? Die Hälfte tut's auch.«
So wurde der entsprechende Passus auf dem Beitrittsformular handschriftlich von jedem der 68 Gründer geändert. Und sie taten es gerne: denn 1.000 Mark war eine Stange Geld, fast ein Monatseinkommen.
Nun musste nur noch das Fähnlein gefunden werden, das die Schlussfassung der Satzung ausarbeitete, der Genossenschaft ihren Namen gab und alle Formalitäten mit dem Registergericht regelte. Einen Monat später, am 14. Februar 1966, wurde die DATEV endgültig gegründet.
Nürnberg. Freitag, 14. Januar 1966. 14.00 Uhr. Die Minuten verstrichen. Immer noch kamen Berufskollegen zur Tür herein. In der Nacht waren die Temperaturen auf minus 15 Grad gesunken. Es war glatt auf den fränkischen Straßen. Schließlich hatten sich 106 Steuerbevollmächtigte aus dem Kammerbezirk durch das eisige Winterwetter gewagt. Hier am Kornmarkt, im Großen Saal des Christlichen Vereins Junger Männer (CVJM), hatten sie sich getroffen, um einen Vorschlag ihres Präsidenten Heinz Sebiger zu diskutieren: »die Gründung eines zentralen Rechenzentrums auf genossenschaftlicher Basis«.
Es war kurz nach 14.00 Uhr, als Sebiger den Vizepräsidenten Dr. Gerhard Nopitsch antippte. »Es fehlen zwar noch rund 30 Kollegen, aber wir fangen jetzt an.« Nopitsch nickte.
Ein Markt von einer Million Buchungszeilen
Sebiger ging zum Podium. Winter und Wetter waren vergessen. Jetzt ging es darum, die Zukunft zu buchen. »Dies ist eine Interessentenbesprechung«, erklärte der Nürnberger. »Die Umfrage unserer Kammer, die wir im Rationalisierungsausschuss erarbeitet und am 25. November vergangenen Jahres an die 1.600 Mitglieder verschickt haben, war ein großer Erfolg. 404 Kollegen haben die zum Teil sehr schwierigen Fragen beantwortet. Das Ergebnis ist eindeutig. Die Mandanten kommen im verstärkten Maße auf unseren Berufsstand zu mit dem Wunsch, dass wir für sie die Buchführung übernehmen. Liebe Kollegen, wir können uns diesem Ansinnen wohl kaum entziehen, obwohl es große organisatorische und technische Anforderungen an jeden von uns stellt. Die Auswertung der Umfrage ergab, dass allein bei den Kollegen, die den Fragebogen ausgefüllt zurücksandten, ein monatlicher Bedarf von mehr als einer Million Buchungszeilen pro Monat besteht. Im Rationalisierungsausschuss, den wir im vergangenen Jahr auf Kammerebene gegründet haben, sind wir zu der Erkenntnis gekommen, dass dahinter eine Aufgabe steht, die wir gemeinschaftlich lösen müssen. Wir haben Ihnen deshalb mit der Umfrage die Idee vorgestellt, ein Rechenzentrum auf genossenschaftlicher Basis zu gründen. Die nun vorliegenden Ergebnisse bestätigen die Richtigkeit dieser Idee. Immerhin stehen 130 Kollegen der Gründung eines Rechenzentrums grundsätzlich positiv gegenüber.«
»Was sollen wir mit 68.000 Mark?«
Dann stellte Sebiger seinen Fachmann vor: Joachim Mattheus, ebenfalls Steuerbevollmächtigter in Nürnberg und Computer-Experte. Detailliert erläutert Mattheus das organisatorische und technische Konzept, das hinter der Idee steht. Die Teilnehmer sind beeindruckt. Zwar gibt es noch viele offene Fragen, die auch heftig diskutiert werden, doch als es nach zwei Stunden zum Schwur kommt, zeichnen spontan »68 Kollegen eine verbindliche Zusage über den Beitritt zur Genossenschaft«, vermerkt das Protokoll.
Die Akzeptanz war höher als erwartet. Zwar wusste keiner so recht, was da auf ihn zukam. Aber auf jeden Fall wirkte das Konzept zukunftsträchtiger als die Lösungen, die sie bislang auf eigene Faust in ihren Kanzleien erprobt hatten. Dieser Vorschlag war den Einsatz wert. Und dies erst recht, nachdem Mattheus vorgeschlagen hatte, den ursprünglich auf 1.000 Mark fixierten Genossenschaftsanteil je Mitglied zu halbieren. »Was sollten wir mit 68.000 Mark Startkapital? Die Hälfte tut's auch.«
So wurde der entsprechende Passus auf dem Beitrittsformular handschriftlich von jedem der 68 Gründer geändert. Und sie taten es gerne: denn 1.000 Mark war eine Stange Geld, fast ein Monatseinkommen.
Nun musste nur noch das Fähnlein gefunden werden, das die Schlussfassung der Satzung ausarbeitete, der Genossenschaft ihren Namen gab und alle Formalitäten mit dem Registergericht regelte. Einen Monat später, am 14. Februar 1966, wurde die DATEV endgültig gegründet.
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